Analogie#35

Analogie#35

Italien Teil 1

Da wir die ersten Sonnenstrahlen und den strahlend blauen Himmel größtenteils von unseren  Fenstern aus sehen, habe ich mir gedacht, dass ich mir meine Urlaubsbilder aus Italien vom letzten Jahr zur Hand nehme und etwas in Erinnerungen schwelge.
Ich habe Italien in Extremen erlebt. Einmal im Hochsommer direkt im Schmelztiegel Rom und dann nochmal zur Biennale in Venedig während des Rekordhochwassers. Doch es war gar nicht das Wetter, das die Verschiedenheit der Reisen ausgemacht hat, sondern vor allem meine Einstellung. Aber ehe ich euch ins kalte Wasser schmeiße, beginne ich von vorn.

Im Schmelztiegel Rom

Ende Juni wollten wir auf einen Shooting-Trip zu fünft nach Rom. Bei der Planung der Reise hatten wir jedoch zwei wesentliche Punkte außer Acht gelassen: die Temperaturen und die Ferien. Und so kam es, dass Rom wie leer gefegt wirkte, Models und Agenturen nicht erreichbar waren und uns die Hitze der Stadt derart zu schaffen machte, dass wir unser Apartment nur in den frühen Morgenstunden oder ab dem späten Nachmittag verlassen konnten. Das warf unseren Plan je über den Haufen und wir fanden uns relativ unverhofft in einem simplen Urlaub wieder.

Tatsächlich fällt es mir schwer, eine Reise anzutreten, ohne ein Shooting durchzuführen oder ein anderweitiges Projekt vor Ort zu verfolgen. Der Gedanke von einem reinen Urlaub bereitet mir das Gefühl, unproduktiv zu sein und die Situation nicht zu nutzen, was dazu führt, dass ich unruhig werde und die Zeit nicht genießen kann. Dementsprechend brauchte ich erstmal einen Moment, um mich mit der neuen Situation anzufreunden.

Die Gruppe
Wiebke
Paul
Jonas
Sebastian
Maureen

Wir wohnten in dem zentralen und dennoch touristisch relativ unerschlossenen Stadtteil Pigneto und hatten eine Reihe von kleinen Cafés, Bars und Restaurants genau vor unserer Tür. Unsere Vorräte bekamen wir auf dem Markt und gleich um die Ecke gab es eine Vinothek deren Regale bis unter die Decke reichten. Kurz um: Es hätte uns deutlich schlechter treffen können. Da ich bei den Temperaturen nicht schlafen konnte, machte ich mich jeden Morgen allein auf den Weg und schlenderte durch die verwinkelten Gassen des Viertels und probierte mich durch alle Espressi der kleinen Bars und Cafés. So langsam konnte ich auch die Gewohnheiten der AnwohnerInnen beobachten. Sei es die morgendliche Raucherrunde der Kreativen vor der feministischen Café-Buchhandlung oder der Opa mit seinem Pfleger, die den ganzen Morgen an einer Ecke standen und alle 15 Minuten Laufübungen machten, sich dabei aber nie unterhielten.

In der Gruppe und auch zu zweit erkundeten wir die Stadt und umliegende Orte. Die Hitze trieb uns regelrecht in die Museen und verleitete auch zum ausgiebigen Verweilen. Als ich meine Runde durch ein Fischerdörfchen drehte, lernte ich Jade kennen. Sie tätowiert in einem kleinen Studio und obwohl wir keine einzige sprachliche Übereinstimmung hatten, konnten wir dank Übersetzer-App ein paar Fotos an ihrer Lieblingsstelle am Strand machen.

An unserem letzten Tag liehen wir uns die langsamsten Roller der Stadt aus und fuhren einfach der Nase nach zu einem blauen Fleck auf der Landkarte. Bergauf wurden wir von Fahrradfahrern überholt und zeitweise bin ich nebenher gelaufen, doch als wir den Gipfel erreicht hatten und unser Blick auf den von Hügeln umringten See fiel, hatte sich der Kampf schon gelohnt. Die Serpentinen bergab entlohnten uns ebenfalls und ließen uns endlich Fahrtwind im Gesicht spüren. Den See teilten wir alleine mit einem Hund, einem Stand Up Paddler und einem Pärchen, das in weiter Ferne seine Zweisamkeit genoss.

Keines dieser Erlebnisse habe ich geplant, erwartet oder provoziert. Ich habe lediglich die Situationen in mich aufgesogen und meinen Drang zum Produzieren beiseite geschoben. Um das Erlebte und Gesehene vielleicht anderweitig zu verarbeiten, den Moment aber nicht unbemerkt verstreichen zu lassen.

Im Herbst trat ich dann die Reise nach Venedig an. Doch das ist Stoff für die nächste Analogie, ist es doch nicht ganz unwahrscheinlich, dass wir alle noch ein Weilchen in Urlaubserinnerungen schwelgen müssen, bevor wir zu neuen Abenteuern aufbrechen können.

Leica M 2
Leica SUMMILUX-M 35mm
Kodak ProImage100, Kodak Portra160, Kodak Portra800
Fotolabor Görner

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