Portra 800 vs. Tri-X

Portra 800 vs. Tri-X

In letzter Zeit wurde ich oft gefragt, was der große Unterschied zwischen digitaler und analoger Fotografie sei. Dafür gibt es wahrscheinlich tausende Antworten, die sich noch in weiteren tausend Richtungen auslegen lassen. Für mich ist jedoch die Herangehensweise an das Fotografieren an sich einer der wichtigsten Unterschiede.

Ich überlege mir vor jedem Shooting, egal ob digital oder analog, wie das Endprodukt aussehen soll, welche Aussage und Stimmung ich aufbauen möchte und dementsprechend, welche farbliche Richtung das Projekt einschlagen soll.

Bei digitaler Fotografie handelt es sich um einen dynamischen Prozess, der mir die Möglichkeit gibt, noch in der Postproduktion an jeder Stellschraube zu drehen. Analoge Fotografie hingegen bedarf weit mehr Entscheidungen vorab. Möchte ich in Farbe oder schwarzweiß fotografieren? Welches und wie viel Licht steht mir zur Verfügung? Welchen Kontrast und welche Farben benötige ich für mein Konzept? All diese Entscheidungen müssen bereits im Vorfeld endgültig getroffen werden – vor allem bei meiner Arbeitsweise, die keine digitale Nachbereitung vorsieht.

Bei meinen Analogien überlege ich mir stets am Anfang des Monats, welcher Film am besten zu meinem Gefühl sowie den Lichtstimmungen des Monats passt und vor allem wie mein Workload aussieht. In meinem ersten, rein analogen Shooting habe ich die Möglichkeit genutzt, zwei Filme in verschiedenen Situationen miteinander zu vergleichen und habe mich dabei direkt für zwei Klassiker entschieden: den KODAK Tri-X 400 und den KODAK Portra 800, die mir Kodak Alaris freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben.

Indoor

Die Strahlen der tief stehenden Dezembersonne durchfluten das Studio von final Image. Spannende Schatten bilden sich auf den Wänden ab und mithilfe der Bouncer konzentriere ich die rein natürliche Beleuchtung auf Iryna. Iryna ist Tänzerin im Bereich “Urban und Contemporary Dance” und gab sich vor meiner Kamera den Rhythmen der Musik hin. Anschließend nutzten wir die industrielle Umgebung des Studios für natürliche Portraits.

Vor allem von dem Portra habe ich mir schöne und spannende Aufnahmen erwartet. Leider bin ich mit diesen aber nicht wirklich zufrieden. Ohne Farbfilter wirken die Aufnahmen durch das einseitige Sonnenlicht zu gelb, was durchweg an Sonnenuntergangsstimmung erinnert,  angesichts der sterilen Umgebung allerdings nur bedingt in passend ist. Erst mit etwas Umgebung, wie zum Beispiel der Lampe, entfaltet der Portra seine stilistische besondere Wirkung.

Der Tri-X 400 hat in den Räumen und vor allem bei den bewegten Aufnahmen deutlich mehr überzeugt. Mit seinem starken Kontrast und dem schönen Korn macht er die Aufnahmen authentisch, stark und lebensnah. Vor allem in Verbindung mit meinem 35mm Voigthländer entfaltet er einen spannenden Reportagestil. Bei der Entwicklung habe ich den Film allerdings um eine Blende pushen lassen, was ich beim Tri-X 400 grundsätzlich immer empfehlen würde.

Outdoor

Nachdem wir das Studio ausgiebig genutzt haben, entschieden wir uns dazu, auf das Dach zu steigen und der sich mittlerweile verabschiedenden Sonne in freier Wildbahn zu begegnen. Ein lauer Wind umspielte uns und ließ Irynas Mantel und Haare elegant im Wind wehen. Vor unseren Augen erstreckten sich die Dächer Dresdens unter wolkenlosem Himmel. Auch auf dem schmalen Dach nutzten wir die Zeit sowohl für Fotos in Bewegung, als auch Portraits.

Hier zeigte der Portra alles, was er kann. Seine Färbung taucht alle Fotos in eine wunderschöne Lichtstimmung, ohne sie unnatürlich aussehen zu lassen. In den richtigen Tönen kitschig und zugleich von einer Ruhe und sanften Melancholie geprägt, sodass jede Szenerie diesen berühmten kinematografischen Charakter erlangt. Hinzu kommt das  sanfte und schöne Korn des 800ers, was dem Foto seinen letzten Schliff gibt. 

Der Tri-X überzeugt auch hier mit seinen Kontrasten und seiner Härte. Doch so richtig möchte er seinen Reportagestil nicht ablegen. Mir gefällt das und ich genieße es auch, mich dem hinzugeben und mit der Kompromisslosigkeit zu spielen, doch ich bin sehr froh den Portra gehabt zu haben, der mich gleichzeitig auch wunderschöne Farben und Momente einfangen lies.

Fazit

Ich liebe beide Filme wirklich sehr! 

Der Tri-X 400, ein wahrer allrounder, der in jeder Situation immer noch ein spannendes Bild einfängt, dabei für mich aber auch immer einen harten Reportage-Charakter einbringt, der dem Motiv sehr viel Gewicht, Tiefe und Bedeutung beimisst.

Der Portra 800 ist hingegen in einigen Situationen eher mit Vorsicht zu genießen, doch sobald man ihn lässt, zaubert er wundervolle Farben und Momente hervor und taucht das Motiv in einen warmen und sinnlichen Look, ohne die Realität zu verlieren.

Leica M2
Voigthländer 35mm ƒ1.2 Nokton
Leica 50mm ƒ2.0 summar
Leica 90mm ƒ2.0 APO-Summicron
KODAK Portra 800
KODAK Tri-X 400
Fotolabor Görner

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